Wohnsitzverlagerung

Je nach Ihrer persönlichen Situation kann es für Sie, Ihr Vermögen oder Ihre ganz persönlichen Pläne sehr viel Sinn machen, Ihren Wohnsitz in ein anderes Land, als Ihr Heimatland oder derzeitiges Domizil, zu verlagern. Damit Sie sich ein Bild über die verschiedenen Möglichkeiten, die eine Wohnsitzverlagerung ins Ausland bringen kann, machen können, finden Sie im Folgenden einige praktische Beispiele.

Persönliche Gründe für den Wohnsitz im Ausland

Frau Stahl mag es gerne exotisch, Sie möchte durch eine Fremdsprache Ihren Horizont erweitern, sie liebt die Sonne und das Meer und zudem profitieren Ihre Kinder vom ausgezeichneten Bildungssystem in der neuen Heimat. Ihr Mann Herr Stahl ist schwer krank und braucht dringend Zugang zu einem Gesundheitssystem, das ihn nicht im Stich lässt. Der älteste Sohn der Familie erhofft sich außerdem vom neuen Wohnsitz, dass er seine Fernbeziehung künftig öfter sehen kann und ihm der neue Jobmarkt zudem attraktivere Zukunftsaussichten verschafft.

Herr Mayer lebt hauptsächlich von Dividenden durch seine Investmenttätigkeit. Er hat in seinem Heimatland Deutschland eine hohe Einkommensteuerbelastung, die Kapitalertragsteuer (Abgeltungssteuer) macht ihm ebenfalls zu schaffen. Er hält sich die meiste Zeit des Jahres ohnehin nicht in Deutschland auf, also sucht Herr Mayer nach einer Alternative, um seine Steuerlasten zu minimieren. Er findet heraus, dass eine  Firmengründung im Ausland in Kombination mit einer Wohnsitzverlagerung ihm die erwünschten Effekte bescheren kann.

Herr Baumgärtner hat längst erkannt, dass er als Rentner in Deutschland nicht besonders viel von seinem über Jahrzehnte eingezahltem Geld haben wird. Er sucht ein Land, in dem er seinen Lebensabend in Ruhe verbringen kann und in dem er mit seiner bescheidenen Rente dennoch ordentlich Kaufkraft entfalten kann.

Frau Müller war jahrelang Inhaberin eines gut laufenden Friseursalons in Süddeutschland. Nachdem eine Baustelle direkt vor ihrer Boutique gelegen war und die Baumaßnahmen länger andauerten als zunächst gedacht, blieb die Kundschaft aus. Frau Müller, die voller Hoffnung war, behielt ihr Personal, was sie teuer zu stehen kam. Aufgrund der enormen Umsatzeinbußen musste sie ihr Geschäft aufgeben. Anschließend war sie sehr hoch verschuldet. Nun möchte sie sich durch eine beschleunigte  Privatinsolvenz in Irland entschulden. Um dies zu realisieren, braucht sie dringend einen Wohnsitz in dem Land, in dem sie sich entschulden möchte.

Herr Selbst hat seine ureigenen Vorstellungen davon, wie sein Vermögen nach seinem Ableben verteilt werden soll. Sein Heimatland macht ihm hierzu einige Vorschriften und berücksichtigt seinen letzten Willen nicht vollständig. Das möchte Herr Selbst ändern, dazu verlagert er seinen Wohnsitz in eine Gerichtsbarkeit, in der er mehr verstanden wird. Er macht sich, wie viele dieser Tage, Gedanken um seine  Nachlassplanung.

Es kann oftmals von Vorteil sein, wenn man Staatsbürger zweier Nationen ist. Dadurch kann man unter Umständen beide Gerichtsbarkeiten für sich nützlich machen. Wer an unterschiedlichen Systemen partizipiert, verteilt außerdem Chancen und Risiken. Ein zweiter Reisepass schützt Sie in Krisenzeiten auch vor Tyranei eines anderen Landes, Sie genießen unter Umständen mehr Visumfreiheit, haben einfacheren Zugriff zu Arbeitsbewilligungen und Aufenthaltgenehmigungen oder diese entfallen unter bestimmten Gegebenheiten sogar gänzlich.

Ja. Der Heimat den Rücken zuzukehren ist völlig legitim, auch wenn das so genannte Forum Shopping nicht gern gesehen wird, so ist es doch Ihr Leben und Sie entscheiden frei über Ihren dauerhaften Aufenthaltsort. Sie entscheiden selbst, wo Sie leben möchten und unter welchen Bedingungen, nicht Ihr Nachbar oder der freundliche Herr vom Finanzamt.

Ja. Es könnte sein, dass Sie Ihren Umzug, insbesondere aus fiskalischer Sicht, nicht richtig umsetzen. Das wurde auch schon anderen zum Verhängnis, wie z.B. auch Tennislegende Boris Becker oder dem früheren Model Nadja Auermann. Wenn Sie Ihren Wohnsitz verlagern möchten, dann bitte richtig.

Um Ihre Wohnsitzverlagerung sauber zu gestalten, müssen Sie Ihren deutschen Wohnsitz auflösen, indem Sie Ihren Mietvertrag kündigen, Wohnung oder Haus verkaufen, jedoch zumindest dauerhaft und nachweislich zu vermieten und zudem Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgeben.

Mit einer Festanstellung in Deutschland wird die Finanzverwaltung ebenfalls den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland vermuten, zudem sind Sie dann ohnehin für Ihr Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit in der BRD steuer- und sozialabgabepflichtig. Wenn Sie ein sauberes und wasserdichtes Vorgehen unterlassen, kann Sie das sehr viel Geld, Ihren Leumund und unter Umständen Ihre Freiheit kosten.

Die Umsetzung einer korrekten Wohnsitzverlagerung ins Ausland deutet sich bei Weitem einfacher an, als sie tatsächlich ist. Der Teufel steckt auch hier bekanntermaßen im Detail: Besitzen Sie keine eigenen Immobilien in Deutschland, ist es mit einer Kündigung des Mietverhältnisses und einer Abmeldung beim Einwohnermeldeamt getan.

Doch wenn Sie Immobilien besitzen, sollten Sie diese vorsichtshalber veräußern, denn falls Sie die Immobilie trotz Wohnsitzverlagerung behalten wollen, dann ist nicht nur Vorsicht geboten, sie kann Ihnen auch zum Verhängnis werden. Sie müssen das Objekt dann dauerhaft vermieten.

Denn befristete Mietverhältnisse oder Arrangements mit Familienmitglieder erkennt das deutsche Finanzamt nicht an, Sie halten sich hiermit, aus Sicht des Fiskus, die Option offen, an Ihren ehemaligen Wohnsitz zurückzukehren und somit die Verfügungsgewalt zu behalten, dieser Umstand disqualifiziert Ihr eigentliches Vorhaben.

Sollten Sie Familie, wie Ehefrau und Kind haben, so müssen Sie konsequenter Weise mit der ganzen Familie das Land verlassen, andernfalls wird man Ihnen nicht abnehmen, dass Sie tatsächlich ausgewandert sind und Ihr gewöhnlicher Aufenthalt nicht mehr in der Bundesrepublik liegt.

Hinzu kommt noch die oftmals falsch verstandene 183-Tage-Regelung: Sie müssen sich unbedingt weniger als 6 Monate – irrelevant, ob am Stück oder anteilig – in der BRD aufhalten, andernfalls nimmt man dort Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt an, kurze Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt.

Zu guter letzt noch die Boris Becker Falle, Sie sollten auf gar keinen Fall die Verfügungsgewalt über ein Zimmer bei Familienangehörigen oder Freunden haben, hierzu reicht bereits ein eigener Schlüssel aus. Auch zwischengelagerte Kleidungsstücke können Ihnen zum Verhängnis werden. Inzwischen ist die Rechtssprechung derart verschärft worden, dass selbst das regelmäßige Übernachten für wenige Tage im Monat als ständiger Aufenthaltsort ausgelegt werden kann. Bei der Wohnsitzverlagerung reicht es also nicht, sich tatsächlich mehr als die Hälfte des Jahres im Ausland aufzuhalten.

Melden Sie sich schließlich beim deutschen Einwohnermeldeamt ganz offiziell ab und lassen Sie sich den Vorgang für Ihre Unterlagen und zum steten Nachweis quittieren. Wenn Sie all diese Punkte erfüllen und zwar nur dann, verlieren Sie Ihre unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland und die Wohnsitzverlagerung entfaltet Ihre Wirkung.

Anschließend sind Sie nur noch beschränkt steuerpflichtig, was das genau bedeutet, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Wenn Sie beschränkte Steuerpflicht sind, dann müssen Sie nur noch Einkünfte mit besonderem Inlandsbezug in Deutschland versteuern. Konkret heißt das, dass Sie, selbst nach erfolgter Wohnsitzverlagerung, Steuern in Deutschland bezahlen, wenn Sie ein Gewerbe betreiben, einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen, deutsche Immobilien vermieten, verpachten, veräußern oder Kapitalerträge, wie Dividenden erwirtschaften oder Renten von inländischen Versicherungsträgern oder Versorgungseinrichtungen in Deutschland beziehen. Trifft keiner dieser Sachverhalte auf Sie zu, müssen Sie bei korrekter Umsetzung der Wohnsitzverlagerung keine vom Einkommensteuergesetz herbeigeführten Steuern mehr in Deutschland entrichten.

Der deutsche Fiskus ist besonders hungrig und man glaubt es kaum, aber die Finanzbeamten sind ebenfalls sehr kreativ, wenn es um die Eintreibung von Steuergeldern geht. Jeder weggezogene Steuerzahler ist ein Verlust für die Staatskasse, also versucht man, Sie hier zu behalten und Ihnen den Wegzug ins Ausland so unattraktiv wie möglich zu machen. Ein weiteres Ungeheuer der Fiskalpolitik ist die „erweiterte beschränkte Steuerpflicht“, dazu müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Die Wohnsitzverlagerung erfolgt in ein Niedrigsteuerland. Damit sind jene Länder gemeint, in denen deutlich niedrigere Einkommenssteuern erhoben werden als in Deutschland. Genauer ist dies im deutschen Außensteuergesetz geregelt: „Ein Niedrigsteuerland ist ein Land dann, wenn die Belastung durch die dort erhobene Einkommensteuer bei einer dort ansässigen unverheirateten natürlichen Person, die ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen von 77.000 Euro bezieht, um mehr als ein Drittel niedriger als in Deutschland ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 AStG) oder aufgrund einer gegenüber der dort allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert ist und der Steuerpflichtige nicht nachweisen kann, dass seine dortige Einkommensteuer nicht mindestens zwei Drittel der entsprechenden deutschen Einkommensbesteuerung beträgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG)“
  • Vor der Auswanderung waren Sie innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens fünf Jahre unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig
  • Sie haben nach Ihrem Wegzug ins Ausland wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland
Auch wenn es hier primär darum geht, sich der unbeschränkten Steuerpflicht zu entledigen, so sei dennoch der Vollständigkeit wegen erwähnt, was es damit auf sich hat. Unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig, damit ist das Welteinkommen gemeint, ist, wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Paragraf 9 der Abgabenordnung (AO) führt hier weiter aus: „Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er sich an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend aufhält.

Um Ihnen den Gedanken auszuwandern auch wirklich nachhaltig auszutreiben, dachte sich der Gesetzgeber, dass es doch eine wunderbare Motivation und Entscheidungshilfe sei, die abtrünnigen, die es wagen sollten, das Land zu verlassen für Ihren Wegzug ins Ausland noch ein weiteres Mal zu besteuern. Das betrifft vor allem Aktionäre oder Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die mehr als 1% der Unternehmensanteile halten. Hier schlägt der Fiskus ordentlich zu. Die Differenz zwischen den ursprünglichen Anschaffungskosten und dem „gemeinen Wert“ wird als fiktiver Veräußerungsgewinn besteuert. Obwohl Sie Ihre Anteile real gar nicht veräußert haben. Inzwischen lassen sich diese „Steuerschulden“ zwar zinslos stunden, doch nur, wenn Sie in ein EU-Land oder einen Mitgliedstaat des EWR auswandern, in dem ähnliche Steuersätze gelten, wie in der Budnesrepublik Deutschland. Die meisten Kantone der Schweiz sdürften damit – eigentlich – unattraktiv sein.

Vermeiden lässt sich die Wegzugsbesteuerung indem Sie Ihre Anteile vor dem Wegzug ins Ausland in eine Personengesellschaft einbringen, wenn Sie Ihre Gewinne in Form von Dividenden ausschütten, um so den Wert Ihrer Beteiligung und die Steuerzahllast der Wegzugbesteuerung zu verringern, allerdings werden bei der Dividendenausschüttung wiederum Kapitalertragsteuern und Solidaritätsbeitrag fällig. Ein weiteres Instrument zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung liegt vor, wenn Sie die feste Absicht haben, wieder nach Deutschland zurückzukehren, dann wird die Steuerschuld so lange gestundet, bis Sie wieder zurückkehren und entfällt dann, dies muss allerdings in einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, je nach Einzelfall geschehen. Alles in allem sind Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Kontext der Wegzugbesteuerung ein kritisches Unterfangen, für das wir aber weitere kreative Lösungen bereithalten.

Wenn Sie in Deutschland Werte verschenken oder vererben, unterliegen diese Vorgänge grundsätzlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Hierbei ist nicht nur der Wohnsitz des Erblassers relevant, sondern die deutschen Gesetze knüpfen eindeutig auch an dem Wohnsitz des Begünstigten an, auch wenn der Schenkende ausgewandert ist.

Die aktuell attraktivsten steuerlichen Rahmenbedingungen bieten innerhalb der Europäischen Union die Länder Rumänien (1%), Malta (5%) und Zypern (12,5%).

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